Behindertentagesstätte: Rashid Paediatric Therapy Centre

Behindertentagesstätte: Rashid Paediatric Therapy Centre

Anfangs Januar 2003 besuchte ich das Rashid Kindertherapiezentrum in Dubai (Rashid Paediatric Therapy Centre), eine Behindertentagesstätte in der Kinder und Jugendliche unterrichtet und therapiert werden. Das große, beeindruckende Zentrum befindet sich in Al Barsha, einem Stadtteil von Dubai, unweit des Burj Al Arab Hotels. Das Rashid Kindertherapiezentrum besteht bereits seit Beginn des Jahres 1994. Im September 2002 siedelte die Tagesstätte in die neuen, ultramodernen Räumlichkeiten in Al Barsha um.

Mariam Othman, die Direktorin des Zentrums, beantwortete mir zusammen mit der Schulleiterin, Helen Tomlinson, alle Fragen zur Einrichtung. Beim anschließenden Rundgang mit Lamis Kamal, der Public Relations Managerin, hatte ich die Gelegenheit die einzigartigen Räumlichkeiten zu fotografieren als auch Schüler und Lehrer kennen zu lernen.

Das folgende Interview ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

Mariam Othman, Sie sind die Direktorin dieser bedeutenden Einrichtung. Wie kam es dazu, dass Sie sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe entschieden haben? Ich bin eine VAE-Staatsbürgerin und habe an der Al Ain Universität Psychologie studiert. Ich wollte immer einer Arbeit nachgehen, die meinem Psychologiestudium entsprechen sollte, allerdings hätte ich damals nicht damit gerechnet, dass ich einmal das Behindertenzentrum leiten würde. Die Arbeit als Direktorin war und ist für mich eine große Herausforderung. Ich bin verheiratet und habe selbst vier Kinder.

Das Zentrum konnte seit der Gründung stetige Fortschritte verzeichnen und darauf bin ich sehr stolz, obwohl dies von mir selbst als auch von meinem Ehemann viele Opfer forderte. Mein Ehemann und ich haben das Zentrum auch finanziell immer unterstützt.

Weshalb wurde das Zentrum nach dem im Jahre 1990 verstorbenen Herrscher von Dubai, Scheich Rashid Bin Saeed Al Maktoum, benannt? Scheich Rashid war eine großartige Persönlichkeit, die sich stets für humanitäre Belange einsetzte. Deswegen wurde das Zentrum nach ihm benannt.

Das Rashid Kindertherapiezentrum ist nicht das einzige Behindertenzentrum in den VAE. Welche anderen Einrichtungen stehen Behinderten zur Verfügung? Im Emirat Dubai gibt es neben uns auch noch das „Al Noor Center“, das „Dubai Centre for Special Needs“, das „Dubai Autism Center“ und den „Dubai Handicapped Club“. Landesweit gibt es jedoch zahlreiche Stätten. Einrichtungen stehen in Sharjah, Ras Al Khaimah, Fujairah, Al Ain und Abu Dhabi zur Verfügung.

Gibt es in den VAE oder in Dubai offizielle Statistiken über die genaue Anzahl von Behinderten im Land und über die Art der Behinderungen? Nein, das gibt es leider noch nicht. Wir werden zwar regelmäßig von den Behörden gebeten, Angaben über die Kinder im Zentrum zu machen, aber es gibt keine offiziell gültigen Statistiken. In den VAE sind viele Elternpaare von behinderten Kindern nur sehr unzureichend über die Behinderungen informiert. Manchmal werden behinderte Kinder, die zuvor noch keinerlei spezielle Fürsorge oder Therapie in Anspruch nehmen konnten, erst im Alter von acht oder neun Jahren zu uns ins Zentrum gebracht.

Wie viele Kinder und Jugendliche werden momentan im Rashid Zentrum therapiert? Momentan bieten wir 13 Klassen an, an denen insgesamt 84 Kinder und Jugendliche unterrichtet und therapiert werden. Allerdings kommt fast ein Drittel der Kinder nicht alltäglich ins Zentrum, sondern lediglich einmal die Woche, zu bestimmten Therapiezeiten.

Wie viel Lehrpersonal kümmert sich um die 84 Kinder und Jugendlichen? Eine Lehrperson und ein/e Assistent/in sind jeweils für acht Schüler zuständig. Manchmal haben wir das Glück, dass uns ehrenamtliche Helfer zur Seite stehen, so dass ab und zu auch mehr als zwei Personen für eine Klasse zuständig sind.

Welche Art von Behinderungen weisen die Kinder in der Tagesstätte auf? Kinder mit Lernproblemen, Hörschäden oder anderen mentalen oder körperlichen Behinderungen werden bei uns aufgenommen. Von den 84 Kindern weisen nur 15 rein körperliche Behinderung auf. Ein Großteil der bei uns therapierten Kinder wurde mit dem Down-Syndrom (Trisomie 21) geboren.

Wie sieht der Stundenplan der Schüler aus? Der Unterricht findet jeweils samstags bis mittwochs, von 08.30 – 13.15 Uhr statt. Die Kinder werden ihren Behinderungen entsprechend unterrichtet. Da das Zentrum bisher noch nicht über ein eigenes Wohnheim verfügt, werden die Schüler jeden Morgen mit unseren Spezialbussen hierher gefahren und nach dem Unterricht wieder nach Hause gebracht.

Welche Nationalitäten haben die Kinder im Zentrum? Ungefähr 50% der Kinder sind VAE-Staatsbürger und die andere Hälfte stammt aus 15 verschiedenen Ländern. Der Unterricht findet entweder auf Arabisch oder auf Englisch statt.

Wie sieht es mit den Altersstrukturen in den einzelnen Klassen aus? In den Klassen sind die Schüler 3 – 19 Jahre alt. Die Kinder, die lediglich zur Therapie ins Zentrum kommen, sind in der Regel nicht älter als 7 Jahre.

Betreut ihr behinderte Kleinkinder auf externer Basis in deren Zuhause? Dies ist leider noch nicht möglich, da uns dazu das nötige Personal fehlt. Alle Kinder müssen bisher zu uns ins Zentrum kommen. Wir hoffen jedoch, dass wir diese Dienstleistung in Zukunft anbieten können.

Wie viel kostet ein Therapieplatz bei euch? Dank der Spendengelder können wir die Therapieplätze für nur 15 000 Dirhams (ca. 4100 US-Dollars) pro Person und Jahr anbieten. Dies deckt sämtliche Gebühren inklusive Transport ab.

Wie bereitet ihr Jugendliche auf den Alltag und auf ein eigenständiges Leben vor? Den Jugendlichen ist im Zentrum eine besondere Abteilung gewidmet. Es handelt sich dabei um eine komplett ausgestattete Wohnung, in der sie lernen sollen, den späteren Alltag eigenständig zu bewältigen. Sie lernen die diversen Hausarbeiten zu erledigen, gehen einkaufen, bezahlen Rechnungen auf der Post und so weiter.

Gibt es für die Kinder im Zentrum eine Möglichkeit, sich im Rahmen eurer Aktivitäten mit Nicht-Behinderten zu treffen? Ja, seit ein paar Jahren haben wir ein Abkommen mit der American School in Dubai. Die Schüler der fünften Klasse besuchen uns regelmäßig. Die American School organisiert zudem an ihrer Schule gemeinsame Sporttage für Behinderte und Nicht-Behinderte.

Wie sieht es in den VAE mit betreuten Arbeitsplätzen oder Arbeitsgruppen für Behinderte aus? Haben Behinderte auf dem lokalen Arbeitsmarkt eine Chance?

Leider gibt es in den VAE noch keine betreute Arbeitsgruppen oder Arbeitsplätze. Es gibt sehr wenige Behinderte, die einer Arbeit nachgehen können. Wir kennen lediglich zwei Behinderte, die es geschafft haben, eine Arbeitsstelle zu finden.

Können einige Kinder nach Abschluss der Therapie an regulären Schulen unterrichtet werden? Auch dies ist momentan sehr schwierig, da die meisten Schulen in den VAE Privatschulen sind, die sich ihre Schüler auslesen können. Alle Schulen in den VAE sind sehr gut belegt, so dass es für die Schulen nur in Ausnahmefällen in Frage kommt, Behinderte Kinder oder Jugendliche aufzunehmen.

Wie sieht es in Dubai allgemein mit behindertengerechten Einrichtungen, wie Parkplätzen, Toiletten, Rampen für Rollstühle usw. aus? In den letzten Jahren hat sich viel getan. Viele der neuen Einkaufszentren sind behindertengerecht und die Stadtverwaltung hat überall Behindertenparkplätze eingerichtet.

Wo muss man sich melden, wenn man euch auf ehrenamtlicher Basis helfen möchte? Wer älter als 18 Jahre alt ist, kann sich immer bei uns nützlich machen. Am liebsten ist es uns natürlich, wenn jemand regelmäßig oder allwöchentlich einen Vormittag bei uns verbringen kann. Es ist wichtig, dass sich die Kinder an die neue Person gewöhnen können. Vor allem beim Schwimmunterricht sind wir immer für zusätzliches Personal dankbar. Alle, denen es Spaß machen würde, bei uns regelmäßig auszuhelfen, können sich bei Helen Tomlinson unter der Telefonnummer 04-3400005 melden.

Das Zentrum organisiert zwei Preise, den Rashidpreis für humanitäre Studien (Rashid Contest for Humanitarian Studies) und den Rashidpreis für die humanitäre Persönlichkeit des Jahres (Rashid Humanitarian Personality Award). Was hat es mit diesen Preisen auf sich?

Den Rashidpreis für die humanitäre Persönlichkeit des Jahres haben wir 1996 eingeführt, obwohl er seit 1999 nur noch alle zwei Jahre stattfindet. Er soll Persönlichkeiten in der arabischen Welt auszeichnen, die sich für humanitäre Belange einsetzen. Der Rashidpreis für humanitäre Studien wurde 1995 von uns eingeführt und soll dazu beitragen, dass in der arabischen Welt mehr Fachliteratur über die Belange der Behinderten zur Verfügung steht. Auch dieser Preis wird alle zwei Jahre von uns vergeben. Die Teilnahme steht jeweils allen Menschen aus arabischen Ländern offen. Die drei Siegerstudien werden von uns veröffentlicht und als Fachlektüre an alle Universitäten und Bibliotheken verteilt.

Ihr organisiert regelmäßig Wohltätigkeitsveranstaltungen, bei denen Spendengelder für das Zentrum gesammelt werden. Sind diese erfolgreich? Generell kann man sagen, dass diese erfolgreich sind. Viele prominente Persönlichkeiten unterstützen unser Zentrum, dessen Vorsitzender Seine Hoheit, Scheich Ahmed Bin Saeed Al Maktoum ist, der Präsident von Dubais Amt für zivile Luftfahrt und Vorsitzende von Emirates Airline. Die Schirmherrschaft des Zentrums obliegt einer Tochter des Kronprinzen von Dubai, Scheicha Manal Bint Mohammed Bin Rashid Al Maktoum.

Ohne die Spendengelder könnten wir dieses Zentrum niemals unterhalten. Es ist ein Wunder Gottes, dass wir es bisher immer wieder geschafft haben, über die Runden zu kommen. Die Spendengelder sind jedoch auch von der Weltlage abhängig. Nach den Attacken des 11. Septembers zum Beispiel oder nun, da ein Krieg im Irak droht, spenden die Menschen lieber an Kriegsopfer, was auch verständlich ist.

Das Zentrum veröffentlicht monatlich eine eigene Zeitschrift mit dem Namen „Rashid“, in der über die Aktivitäten des Zentrums und über die Belange von Behinderten berichtet wird. Wo ist diese Zeitschrift erhältlich? Die Zeitschrift wird von uns kostenlos zur Verfügung gestellt und meistens an Bibliotheken verteilt. Wer sich für die Zeitschrift interessiert, soll sich ganz einfach bei uns melden.

Wo muss man sich melden, wenn man euch finanziell oder materiell unterstützen möchte? Wer uns unterstützen möchte, soll sich bei uns im Zentrum melden. Manche Sponsoren stellen uns auch materielle Hilfsgüter zur Verfügung. Ab und zu spendet man uns Autos oder andere behindertengerechte Gegenstände. Manche wiederum möchten die Spesen für ein behindertes Kind für ein Jahr übernehmen. Bei uns ist alles möglich und wir sind für jede Hilfe dankbar.

Was würdet ihr Euch für das Zentrum wünschen, wenn ich eine gute Fee wäre, die euch einen Wunsch erfüllen könnte? Wir würden uns wünschen, dass uns die Regierung finanziell unterstützen würde, damit wir besser vorausplanen könnten und zusätzliches, qualifiziertes Personal einstellen könnten.

Hier geht’s zur Website der Rashid Behindertentagesstätte: www.rashidc.ae